Es gibt wohl kein Thema über das man soviel Falschinformationen in Foren lesen kann, wie ausgerechnet über Motortuning.
Dazu gibt es wirklich gute Fachliteratur und Standardwerke, die auch richtig ins Eingemachte gehen.
Um auf die vielen Beiträge in den einschlägigen Foren einzugehen, möchte ich an dieser Stelle mal beleuchten, wie das mit dem Tuning – also in erster Linie das schnelle „Chiptuning“ so läuft.
Ich denke wir alle wissen, wie es im Grunde immer beginnt.
Da versprechen sog. Chiptuner oft billig eine nicht gerade geringe Mehrleistung.
Das weckt Begehrlichkeiten und wirft immer wieder dieselben Fragen auf.
Welches Tuning ist gut?
Es gibt verschiedene schnelle Tuning- Maßnahmen:
1. Chiptuning
Das echte Chiptuning, bei dem das ROM der ME (Motorelektronik) ausgelötet und durch ein
anderes ROM mit angepassten Werten ersetzt wird.
Kosten: I.d.R. ab 1000 €
2. OBD Tuning
Dann hätten wir das sog. Schnittstellen Tuning, bei dem die ME mittels OBD Schnittstelle manipuliert
wird.
Hier gibt es zwei Vorgehensweisen auf dem Markt:
Das Box Tuning, bei dem der Kunde ein spezifisches auf seinen Motor angestimmtes Programmiergerät kauft, das sich mit seiner ME synchronisiert und dann nur mit dem eigenen Fahrzeug verwendet werden kann.
Dabei kann das Fahrzeug leistungstechnisch vom Eigner selbst wieder in den Ursprungszustand versetzt werden.
Kosten: Zwischen 400- und 900€, je nach Fahrzeugtyp und Leistungssteigerung.
Das „Handoptimierte OBD Tuning“ bei dem gewisse Basisparameter mit Hilfe eines Vorchecks auf einem Leistungsprüfstand dann individuell hin zur optimal machbaren Leistung verändert werden.
Kosten: Zwischen 450- und 2000€.
3. Powerbox Tuning.
Angeblich unsichtbares, nicht nachweisbares Tuning via Zwischenschaltung einer Zusatzelektronik.
(Dazu später im Text)
Kosten: Zwischen 500- und 1500€
Welches ist das beste?
Eine pauschale Aussage was da besser ist, kann nicht so ohne weiteres gemacht werden.
Das hängt zum einen davon ab, wie die Datensätze erstellt wurden und von wem die Eingangsdaten zur Erstellung der Tuningdatensätze stammen.
Zum anderen kommt es sehr stark auf das Know How desjenigen an, der die Daten "optimiert".
Jeder Motortyp hat seine Kenngrößen. Von diesen ausgehend wird in der Regel ein Datensatz erstellt, der den einzelnen Motortyp nicht über die Maßen belastet.
Danach folgen i.d.R. ausgiebige Tests.
Alle „echten Tuner“ bewegen sich hier in einem relativ engen Rahmen.
Das ist nicht weiter verwunderlich, da eine Softwaremanipulation nur innerhalb gewisser Grenzen stattfinden kann. Wenn wir hier pauschale Aussagen zu den Fakten treffen, kann man sagen,
dass die sicheren Grenzen eines rein elektronischen Tunings egal ob Benziner oder Diesel bei ca.
30-40 mehr PS liegen.
Alles was hier darüber liegt ist ohne weitere mechanische Maßnahmen als grenzwertig bis hin zu unseriös zu bezeichnen.
Passt die einmal ermittelte Modifikation also gut zum Motortyp, wird dieser Datensatz i.d.R. für alle diese Motoren verwendet.
Um die weiteren Hintergründe zu verstehen, muss man erst einmal etwas Einblick in die Szene bekommen.
Es gibt derzeit in D ca. 5 Ersteller von Software in Form von Rohdatensätzen.
Diese kann man als sehr gute Kenner der Materie bezeichnen.
Die einschlägigen Software Tuner lassen sich gut in Kategorien einteilen:
1. Die echten Spezialisten, die ihre Software aufwändig selbst entwickeln und dann an
die bekannten Tuner in Form von Basisdatensätzen nebst den nötigen Software Tools verkaufen.
2. Die sog. Handoptimier- Spezialisten, die mit den zugekauften Basisdatensätzen eine echte
Optimierung auf jeden individuellen Motor hin machen.
Das bedingt, wenn es seriös gemacht wird immer einen Leistungstest, Eingangs wie Ausgangs.
3. Die Verkäufer von sog. Software von der Stange.
Das muss nicht zwangsläufig schlecht sein. Jedoch geht hier allzu oft die Gewinnoptimierung
vor echter Individualität. Diesen Typus findet man meistens unter durchaus etablierten
Autohäusern. Oft teuer, meist ohne Abgasgutachten, Verlust der Werksgarantie, obwohl vollmundig versprochen, liegt hier Seriosität und Abzocke sehr nah beieinander.
Da kann man dann meist auch gleich zum günstigeren Boxtuning greifen.
4. Die Blender
Viel Rauch um nichts. Auto abgeben, Standarddatensatz drauf, Dynokurven vorgetäuscht,
25 Min Arbeit, 990€ kassiert und beim Kassieren jammern wie sich das Fahrzeug doch gewehrt hat. Die aufgerufenen Euros wollen ja auch „verdient“ sein.
5. Die Betrüger
Hier findet man die ganze Bandbreite von Pfuschern, Gaspedaltunern, faktisch Ahnungslosen, Motorzerstörern, Parkplatztunern und so weiter. Da werden gerne mal die Originaldatensätze heruntergespielt indem schlechtere Software aufgespielt wird
Man manipuliert also das Fahrzeug, indem man es vorher verschlechtert um hinterher besser dazustehen.
Selbiges gilt für sog. "Marketing Tuning" in dem man andere Kollegen mit denselben Methoden und manipulierten Leistungskurven zum Fahrzeug schlecht macht.
Oder es werden wie schon angedeutet vorgefertigte schlechtere Leistungskurven nach Loggingfahrten von der Platte gezaubert und nach dem "Tuning" dann die „Wunderkurven“ präsentiert.
Dann gibt es noch die Forentrolle, die sich rühmen, Software zu schreiben.
Wenn man dann genauer recherchiert, kommt man nicht selten darauf, dass hier viel Blahblah gemacht wird. So eine Recherche hatte ich vor nicht allzu langer Zeit selbst gemacht, als ich in einem anderen Audi -Forum jemanden laut rufen hörte, er sei ein Softwareentwickler für Tuner „ABC“.
Und was ich da zu hören bekam war gelinde gesagt Mist.
Zudem ich Tuner „ABC“ gut kenne. Kurz mal bei der Geschäftsleitung angerufen und schon entpuppte sich der selbst ernannte Entwickler als das was er wirklich war:
Ein Maulheld!
Schlimm wenn dann so einer meiner Motorelektronik eine "Handoptimierung" angedeihen lassen würde.
Hier jetzt wirklich jede Spielart aufzuzählen führt etwas weit, ich gehe aber im weiteren Text nochmal darauf ein.
Versteht der sog. "Tuner" also sein Handwerk nicht genug, kann es bei der "Handoptimierung" genauso zu Schrott kommen, wie beim Box- oder Pauschaltuning.
Nirgendwo gehört klappern so zum Geschäft als beim OBD Tuning.
Klar. von den Kunden hat ja auch kaum keiner eine Idee, wie das abläuft.
Viel Rauch um nichts